Freitag, 2. Februar 2018

Mariä Lichtmeß


Und Simeon nahm das Kind auf seine Arme, pries Gott …

So heißt es im Bericht des Evangelisten Lukas über die Darstellung Jesu im Tempel (s. Lk 2,28).

Und Rembrandt hat das gemalt. Es war seine letzte Komposition. Seine Unvollendete. Und wie bei etlichen anderen unvollendeten Werken (etwa Bruckners Neunter oder Michelangelos Rondanini Pieta), so geht es einem auch hier: Man braucht nicht mehr. Denn was man wahrnimmt, das ist tief genug.

Ein Greis mit Namen Simeon hat sein Leben lang auf diesen Augenblick gewartet. Auf die heilige Stunde, in der er dem sehnsüchtig erwarteten Gesalbten des Herrn, dem Messias, begegnet. Es wurde ihm von Gott selbst verheißen, daß er diese Stunde erleben würde. Aber es wurde ihm nicht gesagt, wann genau es sein würde.

Also gilt es zu warten. Und weiter zu warten. Aber nicht in Müdigkeit oder gar Niedergeschlagenheit, sondern in der geduldigen Spannung des aufmerksamen Wächters, der Ausschau hält und sich zugleich reinigen läßt für das Unvorstellbare. Denn der Tag wird kommen. Die Stunde wird kommen.

Und dann ist es so weit. Der Gesalbte kommt. Er ist ein sehr kleines Kind. Der alte Mann begegnet dem Neugeborenen. Die Sehnsucht begegnet der Erfüllung.

Und was geschieht?

Simeon greift nicht zu. Er nimmt sich nichts. Er verschließt sich nicht. Simeon empfängt.

Rembrandt malt die Hände des Greises, die beinahe gefaltet sind. Und die vorgestreckten Unterarme. Und auf diesen Unterarmen liegt das göttliche Kind. Die langersehnte Begegnung wird zur stillen Gebärde der Liebe, die allen gebührenden Abstand wahrt, denn der Abstand ist die Seele des Schönen.

Wie könnte man die vom Heiland seliggepriesene Armut besser darstellen? Hier kommen zwei Arme zusammen. Der Ärmste überhaupt, der der Erlöser der Welt ist, und dieser alte, ergriffene, dem Tod entgegengehende Mann, der sich wunderbar einfältig öffnet für das Leben, welches ihm auf die Unterarme gelegt wird.

Was bleibt, ist das Licht und das Loslassen und die Liebe. Die Liebe, die anbetet. Die Liebe, die singt. Denn meine Augen haben das Heil gesehen.

 

Grafik: wiki.public domain